Klimaschutz soll sich rechnen: Eine neue Methode von Fraunhofer-Forschern zeigt, wie Firmen ihre Maßnahmen nach Wirtschaftlichkeit und Emissionswirkung priorisieren. Aber funktioniert das wirklich für alle Branchen? Klimaneutralität als Pflicht – und Herausforderung:

Deutschland will bis 2045 klimaneutral werden, die EU bis 2050. Unternehmen müssen dafür ihren CO₂-Ausstoß kennen und konkrete Reduktionspläne vorlegen. Doch viele wissen gar nicht, wo ihre Emissionen entstehen – entlang der gesamten Wertschöpfungskette fehlt oft die Datengrundlage.

Hier setzt eine neue Methode der Fraunhofer-Institute IPA, IPK und IST an: Sie hilft Firmen, Emissionen zu bilanzieren, Lücken zu schließen und verschiedene Klimaschutzmaßnahmen szenarienbasiert zu bewerten.


Klimaschutz mit System: Daten, Szenarien und Wirtschaftlichkeit

Laut Michael Rentschler vom Fraunhofer IPA sollen Unternehmen die effizientesten und wirtschaftlichsten Maßnahmen zuerst umsetzen. Dafür braucht es eine detaillierte Emissionsbilanz – doch die ist selten vollständig.

Das Forscherteam kombiniert daher Unternehmensdaten mit öffentlichen Statistiken und Fachliteratur, um ein möglichst genaues Emissionsbild zu erstellen. Anschließend werden verschiedene Szenarien berechnet:

  • Progressives Szenario: hohe CO₂-Preise, günstige erneuerbare Energien, große Wirkung vieler Maßnahmen.

  • Konservatives Szenario: niedrige CO₂-Preise, wenig Anreiz für klimafreundliche Produkte.

  • Business as usual: moderate Entwicklungen – die Realität vieler Unternehmen.

So können Firmen bewerten, welche Maßnahmen sich wann lohnen – und ob sie mit politischen Rahmenbedingungen kompatibel sind.


Kritik: Reicht Szenario-Denken für echten Wandel?

Das Modell bietet laut Fraunhofer eine praxisnahe Entscheidungsgrundlage, gerade für Unternehmen, die ihre Nachhaltigkeitsstrategie strukturieren wollen. Doch Kritiker:innen weisen darauf hin: Eine reine Kosten-Nutzen-Betrachtung greift zu kurz.

Viele Greentech- und ClimateTech-Unternehmen setzen längst auf innovative Lösungen, die zwar kurzfristig teuer, aber langfristig entscheidend für Klimaneutralität sind. Ein zu starker Fokus auf Wirtschaftlichkeit könnte diese Dynamik bremsen.

Auch bleibt fraglich, ob alle Branchen – insbesondere KMU – über die nötigen Daten verfügen, um das Fraunhofer-Modell wirklich anzuwenden.


Fazit: Nützliches Werkzeug mit Grenzen

Die neue Methode der Fraunhofer-Forschenden ist ein wertvolles Werkzeug für strategischen Klimaschutz im Unternehmenskontext. Sie hilft, den Überblick über Emissionen zu behalten und Prioritäten zu setzen.

Doch Klimaschutz darf kein reines Rechenmodell bleiben – er braucht Mut, Innovation und klare politische Leitplanken. Nur dann kann Greentech und ClimateTech zum echten Wirtschaftsfaktor werden – und nicht zur reinen Pflichtübung.