Umweltgifte und «Zappelphilipp»: Die Rolle von Schadstoffen als mögliche Ursache für die Aufmerksamkeitsstörung ADHS kommt für den Jenaer Wissenschaftler Ulf Sauerbrey zu kurz.
«Das halte ich für falsch, denn es gibt Anzeichen, dass Umweltschadstoffe an der Entstehung der Störung beteiligt sind», sagte Sauerbrey in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa.
ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit/Hyperaktivitätsstörung) ist die am häufigsten festgestellte psychiatrische Störung bei Kindern. Der Erziehungswissenschaftler von der Universität Jena hat mehr als 50 Studien aus den Jahren 1979 bis 2009 zu deren Ursachen ausgewertet.
Nach Schätzungen von Fachleuten sind zwischen drei und sechs Prozent der Kinder von der Diagnose betroffen, Jungen häufiger als Mädchen. Sie sind leicht ablenkbar, vergesslich, zappelig, können sich schlecht konzentrieren und es mangelt ihnen an Durchhaltevermögen. Oft ist auch ihre Entwicklung verzögert. Bislang konzentriere sich die Ursachensuche auf genetische Faktoren oder Störungen im Hirnstoffwechsel, sagte Sauerbrey.
Die Rolle der Eltern in der Erziehung werde ebenfalls häufig genannt. Der Wissenschaftler hält vor allem die Rolle von Schwermetallen wie Blei und Quecksilber bei der Entstehung von ADHS für noch nicht ausreichend untersucht.
Kleinste Konzentrationen von Blei fänden sich beispielsweise in Wasserleitungsrohren, Armaturen und Spielzeug. «Auch europäische Spielzeughersteller überschreiten leider die Blei-Grenzwerte», sagte Sauerbrey. Bei Quecksilber hat er hauptsächlich das Zahnfüllungsmaterial Amalgam im Blick, das die Fachwelt seit vielen Jahren entzweit. «Hier besteht Forschungsbedarf.»
Kritisch sieht er zudem als Weichmacher in Plastikspielzeug eingesetzte Stoffe, sogenannte PCB (polychlorierte Biphenyle). Die auch als krebserregend geltenden Stoffe störten den Hirnstoffwechsel, was beim «Zappelphilipp»-Syndrom eine wichtige Rolle spiele.
[TechFieber Green/mei / Foto 1HappySnapper/cc]
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