Deutschlands neue Bundesregierung unter Kanzler Friedrich Merz startet ambitionslos in die neue Legislaturperiode – zumindest, wenn es um die Innovationskraft der Startup-Szene geht. Versprochen wurde viel: Gründerschutzzonen, One-Stop-Shops, massive Investitionen in KI, Robotik, Quantentechnologie und eine „Unternehmensgründung in 24 Stunden“.
Doch nach 65 Tagen im Amt fehlen sichtbare Taten – insbesondere in zukunftsrelevanten Feldern wie Greentech und ClimateTech.
Große Ankündigungen – wenig Umsetzung
Die Pläne aus dem Koalitionsvertrag klingen modern: Startups sollten leichter gründen, schneller wachsen und häufiger staatliche Aufträge erhalten. Doch bislang bleibt vieles vage. Von einer neuen Startup-Strategie fehlt jede Spur – ebenso wie von einer klaren politischen Zuständigkeit.
Laut Katharina Beck, wirtschaftspolitische Sprecherin der Grünen, verfehlt die Regierung das eigene Ziel, Gründerinnen und Gründer aktiv zu fördern: „Ich sehe keine Taten“, sagt sie im Gespräch mit Gründerszene.
Klimarelevante Innovationen brauchen politische Klarheit
Startups im Bereich Greentech und ClimateTech sind essenziell, wenn Deutschland seine Klimaziele erreichen und gleichzeitig wirtschaftlich konkurrenzfähig bleiben will. Organisationen wie GermanZero oder das Wuppertal Institut betonen seit Jahren die Notwendigkeit schneller technologischer Innovation – auch durch junge Unternehmen.
Doch wer ist nun in der neuen Regierung für Startup-Förderung zuständig? Wirtschaftsministerium? Digitalministerium? Raumfahrt- und Technologieressort? Bisher hat keines der Häuser klar Führungsverantwortung übernommen. Diese Unklarheit gefährdet gezielte Förderungen – gerade für grüne Innovationsbereiche.
Strategielücke statt Standortvorteil
Beck bemängelt nicht nur die mangelnde Zuständigkeit, sondern auch das Fehlen einer konkreten Startup-Strategie 2.0. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWK) antwortet lediglich, die Strategie sei „in Arbeit“. Details: Fehlanzeige.
Dabei sind gezielte Innovationsstrategien in anderen Ländern längst Realität. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron etwa verfolgt seit Jahren eine systematische Förderpolitik für Tech-Startups – mit sichtbarem Erfolg. Dass Kanzler Merz öffentlich erklärte, er wolle es „wie Macron machen“, wirkt angesichts des Stillstands zynisch.
Abschaffung der Startup-Beauftragten – ein symbolisches Eigentor
Ein Rückschritt mit Signalwirkung: Die bisherige Startup-Beauftragte des Bundes, zuletzt Anna Christmann (Grüne), wurde ersatzlos gestrichen – im Zuge einer generellen Streichung von 25 Beauftragtenstellen.
Für Beck und ihre Kolleg:innen wie Julian Joswig ein falsches Signal: Gerade in Querschnittsfeldern wie Greentech-Startups, wo Digitalisierung, Förderung, Energie- und Umweltpolitik zusammenlaufen, braucht es zentrale Ansprechpartner.
Zwischenbilanz: Klimarelevante Startups bleiben auf der Strecke
Die Regierung spricht zwar von „hoher Priorität“ für Startups – doch weder eine zentrale Struktur noch eine belastbare Strategie sind erkennbar. Der Verweis auf Sparkurse wirkt in Anbetracht milliardenschwerer Klimaziele und wirtschaftlicher Innovationsnotwendigkeit kurzsichtig.
Dabei gibt es in Deutschland vielversprechende Akteure wie Plan A, Enpal oder das Tech-Ökosystem Berlin, die beweisen, dass Klimatechnologie und Unternehmertum Hand in Hand gehen können – wenn politische Rahmenbedingungen stimmen.
Handlungsempfehlung: Drei Hebel für mehr Dynamik
Beck fordert konkrete Maßnahmen, um das Potential von Startups im Greentech- und ClimateTech-Bereich zu heben:
Wachstumsfinanzierung ausbauen – vor allem für sogenannte Growups in der Skalierungsphase. Gründungsprozesse digitalisieren und vereinfachen, wie es etwa Estland vormacht. Vergaberecht reformieren, damit der Staat wirklich zum Innovationsmotor wird und verstärkt bei Startups einkauft – etwa im Bereich nachhaltiger IT-Lösungen oder CO₂-reduzierender Technologien.
Fazit: Gründergeist braucht politischen Willen
Die Zeit drängt: Wenn die Bundesregierung ihre eigenen Innovations- und Klimaziele nicht gefährden will, muss sie die Startup-Politik vom Rand in die Mitte holen – mit klarer Zuständigkeit, strategischer Tiefe und echtem Willen zur Umsetzung. Greentech- und ClimateTech-Startups verdienen mehr als Lippenbekenntnisse – sie brauchen handfeste Unterstützung. Jetzt.
Verwandte Organisationen & Quellen:
Startup-Verband Deutschland Climate-KIC – EU-Innovationsnetzwerk für ClimateTech GermanZero Klimapolitik für Startups Wuppertal Institut: Innovationspfade für Nachhaltigkeit Statista: Startup-Finanzierung in Europa OECD Startup-Policy-Framework