Die Bundesregierung ist vor der Blockade der FDP eingeknickt und hat angekündigt, sich bei der Abstimmung zur EU-Lieferkettenrichtlinie zu enthalten – was einer Ablehnung gleichkommt.
Tim Zahn, Oxfam-Experte für gerechte Lieferketten, kommentiert: “Mit der Enthaltung stellt die Bundesregierung Profitinteressen über den Schutz von Menschenrechten. Ein Hohn für die Millionen von Arbeiter*innen weltweit, die von der Richtlinie profitieren würden.
Sollten sich weitere Länder einer Enthaltung anschließen oder mit “Nein” stimmen und das Gesetz kippen, stünde die Tür für Kinderarbeit und Ausbeutung weiterhin offen.”
Dabei spricht die FDP nur für einen kleinen Teil der Unternehmen. Zahlreiche Unternehmen haben öffentlich deutlich gemacht, dass die Blockade der Richtlinie mehr Rechtsunsicherheit schafft. Laut einer im Handelsblatt veröffentlichten Umfrage lehnen nur sieben Prozent der befragten Betriebe die neue Richtlinie ab.
Nachhaltige Lieferketten: Blockade der Richtlinie schafft Rechtsunsicherheit
Jetzt kommt es bei der Abstimmung am Freitag auf die anderen EU-Mitgliedsstaaten an. Eine andere Möglichkeit gäbe es noch: Olaf Scholz kann jetzt von seiner Richtlinienkompetenz als Kanzler Gebrauch machen. „Bundeskanzler Olaf Scholz muss jetzt Führungsstärke beweisen und dafür sorgen, dass Deutschland die Richtlinie unterstützt. Der Einsatz für gute Arbeitsbedingungen weltweit würde einem SPD-Kanzler besser zu Gesicht stehen als das Einknicken vor Profitinteressen. Wenn diese Chance verpasst wird, wird der Schutz von Menschenrechten um Jahre zurückgeworfen”, so Zahn.
Bis zuletzt wurde in den Verhandlungen auf die Forderungen der FDP eingegangen. Mit ihrer Blockade beschädigt die FDP die EU-Institutionen und lässt Deutschland als unzulässigen Partner dastehen.
Germanwatch entsetzt von Enthaltung der Bundesregierung bei der Entscheidung über ein EU-Lieferkettengesetz
Auch die Umwelt- und Menschenrechtsorganisation Germanwatch reagiert mit Entsetzen auf die heute angekündigte Enthaltung der Bundesregierung bei der Entscheidung über ein EU-Lieferkettengesetz. „
Mit ihrer angekündigten Enthaltung lässt die Bundesregierung tausende Menschen im Stich, die weltweit von Menschenrechtsverletzungen betroffen sind, und blockiert auch eines der wichtigsten klimapolitischen Projekte dieser EU-Legislaturperiode. Wir hätten von Bundeskanzler Scholz Führung erwartet, statt dass er sich vom kleinsten Koalitionspartner die Agenda diktieren lässt“, kommentiert Lutz Weischer, Leiter des Berliner Büros von Germanwatch.
Die Ankündigung der Bundesregierung kommt nach zweijährigen Verhandlungen, welche die Bundesregierung – insbesondere auch Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) – in allen entscheidenden Punkten mitgestaltet hat. Die EU-Staaten hatten sich schließlich im Dezember auf einen Kompromiss geeinigt. Erst danach meldete die FDP Bedenken an und düpierte damit die übrigen EU-Mitgliedsstaaten.