
Die EU will Smartphones und Tablets umweltverträglicher machen und hat im Rahmen des Aktionsplans für die Kreislaufwirtschaft nun zwei Regulierungsentwürfe mit einem umfassenden Katalog an Ökodesign-Maßnahmen für die Gestaltung der Geräte vorgestellt. Zudem wird damit das bei Haushaltsgeräten bereits übliche EU-Energielabel künftig auch für IT-Geräte eingeführt.
Smartphones und Tablets umweltverträglicher machen
Die neuen Richtlinien basieren unter anderem auf Untersuchungen der Nachhaltigkeits-Expert*innen vom Fraunhofer IZM, die ihre Forschungsergebnisse zur Nachhaltigkeit von Mobilgeräten diese Woche auf der IFA (in Halle 20) vorstellen. Auch das das von der Firma SmartViser entwickelte Testprozedere zur Bestimmung der Energieeffizienzklassen wird dabei demonstriert.
Die Europäische Kommission verfolgt mit der Einführung der sogenannten Ökodesign-Richtlinie bereits seit 2009 die umweltverträgliche Gestaltung von Produkten. Von energieverbrauchsrelevanten Produkten, um genau zu sein. Das Ziel: effiziente Elektronik-Produkte stärker zu verbreiten und den CO2-Ausstoß zu verringern.
Man erinnere sich – unter anderem bedeutete die Verabschiedung der Richtlinie auch das Aus der Glühlampe.
Fraunhofer-Forschungen sind Basis für neues Energielabel
Damit künftig auch Mobiltelefone und Tablets den Prinzipien des Ökodesigns entsprechen, unterstützt das Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM eigenen Angaben zufolge die Europäische Kommission bereits seit über zweieinhalb Jahren bei der Ausgestaltung der Anforderungen.
Das Fundament dabei bilden demnach umfassende Analysen der technischen Machbarkeit sowie der ökologischen und ökonomischen Auswirkungen. Daraus sind Optionen zur gesetzlichen Regulierung entstanden, die nun in den EU-Entwürfen konkretisiert wurden.
„Smartphones bieten sicherlich nicht die notwendigen Potenziale für große Energieeinsparungen, doch eine bessere Energieeffizienz trägt dazu bei, den Akku seltener laden zu müssen. Da dieser mit der Anzahl der Ladezyklen altert, wird durch eine bessere Energieeffizienz maßgeblich zur längeren Lebensdauer des gesamten Geräts beigetragen – und das ist der wesentliche Hebel der Energieeffizienzkennzeichnung.“, erklärt Karsten Schischke, Ökodesign-Experte vom Fraunhofer IZM. Auf den Erkenntnissen seiner Forschungsgruppe beruhen die zwei zentralen Säulen der EU-Richtlinienentwürfe, das Energielabel und das Ökodesign.
Erstmals auch EU-weite Klassifizierung der Reparierbarkeit enthalten
Die neuen Energielabel für Smartphones und Tablets sollen nicht nur bereits bekannte Energieeffizienzklassen darstellen, sondern erstmals eine EU-weite Klassifizierung der Reparierbarkeit und Angaben zur Zuverlässigkeit mit den Kriterien Batterielebensdauer, Staub- und Wasserdichtigkeit sowie Robustheit im Falltest beinhalten.
Die zweite Initiative bezieht sich auf das Ökodesign und stellt das Recht auf Reparatur, die Steigerung der Transparenz für Endverbraucher*innen und das Recycling in den Vordergrund.
Ökodesign: Recht auf Reparatur und Recycling im Vordergrund
Das Recht auf Reparatur wird bereits seit Jahren von Umwelt- und Verbraucherverbänden gefordert und ist im Koalitionsvertrag verankert – also auch ein Ziel der Bundesregierung. Die Regulierungsentwürfe beinhalten dazu eine weitreichende Ersatzteilverfügbarkeit sowie ein Produktdesign, das Reparaturen erleichtert, und die Verfügbarkeit von Reparaturanleitungen für Mobiltelefone und Tablets vor.
Für Smartphones sieht die Anforderung vor, dass Nutzer*innen den Akku selbst austauschen können, es sei denn, dieser hält mindestens 1000 Ladezyklen und das Gerät ist entsprechend der IP67-Norm wasserdicht – doch auch in diesem Spezialfall muss der Akku für professionelle Reparateure austauschbar bleiben.
Produktlebensdauer maßgeblich verlängern
Als Mindestmaß wurde eine Akku-Lebensdauer von 500 Zyklen festgelegt, die in Zukunft bei allen Geräten einzuhalten ist. Zusätzlich sollen Nutzer*innen jederzeit den Gesundheitszustand des Akkus abfragen können, um beurteilen zu können, ob eine verringerte Akkulaufzeit tatsächlich auf die Alterung des Akkus zurückzuführen ist.
Auch beim Kauf eines Gebrauchtgeräts sollen verlässliche Informationen über den Zustand des Geräts transparent sein. Karsten Schischke betont: „Die Regulierung zielt durch ambitionierte Anforderungen im Bereich der Reparierbarkeit und Haltbarkeit auf eine Verlängerung der Produktlebensdauer ab: Für eine Schonung der Ressourcen ist es besser, wenn es gar nicht erst zu einem Reparaturfall kommt.“
Wiederverwendbarkeit der Geräte steigern
Um die Wiederverwendbarkeit der Geräte zu steigern, sollen Nutzer*innen zukünftig volle Kontrolle und Absicherung haben, dass nach der Abgabe ihres Geräts eine Daten-Entschlüsselung nicht mehr möglich ist. Dadurch können Bedenken zum Verbleib privater Daten auf Geräten aufgelöst werden und die Vielzahl ungenutzter Alt-Handys – nach Angaben des Digitalverbands Bitkom etwa 200 Millionen in deutschen Haushalten – zurück zur Anwendung finden.
Sollte der Entwurf unverändert in Kraft treten, werden zudem Systemverbesserungen inkludiert: Konkret handelt es sich um die Bereitstellung von Updates des Betriebssystems für mindestens drei Jahre und Sicherheitsupdates des Betriebssystems für 5 Jahre. Diese Zeiträume gelten jeweils ab dem letztmaligen Inverkehrbringen eines Modells. Gleichzeitig werden Hersteller verpflichtet sicherzustellen, dass die Updates nicht zu Leistungseinbußen der Geräte führen.
Für eine erhöhte Transparenz beim Konsum enthält der Regulierungsvorschlag auch Informationsanforderungen zum Gehalt kritischer Rohstoffe.
Verabschiedung bis Anfang 2023
Die Regulierungen sollen laut dem Fraunhofer IZM bis Anfang 2023 verabschiedet werden und nach einer Übergangsfrist von circa zwölf Monaten greifen. Beide Regulierungsentwürfe hat Die EU unter den folgenden Links veröffentlicht:
• https://ec.europa.eu/info/law/better-regulation/have-your-say/initiatives/12797-Designing-mobile-phones-and-tablets-to-be-sustainable-ecodesign_en
• https://ec.europa.eu/info/law/better-regulation/have-your-say/initiatives/12798-Energy-labelling-of-mobile-phones-and-tablets-informing-consumers-about-environmental-impact_en