Quo Vadis Erneuerbare Kraftstoffe: Hoffnung oder Ablenkung vom eigentlichen Wandel bei der „Tour d’Europe“?
Mehr als 77.500 Kilometer legten 17 Fahrzeuge (Pkw und Lkw) in 16 europäischen Ländern lait Veranstalter zurück – betrieben mit erneuerbaren Kraftstoffen wie HVO, B100, E85 oder Bio-LNG.
„Tour d’Europe“ soll zeigen, wie stark CO₂-Emissionen durch Einsatz dieser Kraftstoffe sinken können.
Die sogenannte „Tour d’Europe“ sollte unter Realbedingungen zeigen, wie stark die CO₂-Emissionen im Straßenverkehr durch den Einsatz dieser Kraftstoffe sinken können.
Laut dem Abschlussbericht der Technischen Universität Darmstadt und des KIT lagen die Treibhausgaseinsparungen bei bis zu 77 %, gemessen auf Well-to-Wheel-Basis.
84 % der Strecke wurden sogar mit 100 % erneuerbarem Kraftstoff zurückgelegt. Doch wie belastbar ist das Ergebnis – und was steckt politisch dahinter?
Technologieoffenheit als politisches Schlagwort – und Problem
Ein zentrales Schlagwort in der gesamten Kommunikation rund um das Projekt ist die sogenannte „Technologieoffenheit“ – ein Begriff, der mittlerweile stark umstritten ist.
Denn während die „Tour d’Europe“ technisch belegt, dass erneuerbare Kraftstoffe CO₂ reduzieren können, wird Technologieoffenheit in der politischen Debatte oft genutzt, um die Elektrifizierung des Verkehrs zu bremsen – oder sogar, um die Laufzeiten klimaschädlicher Verbrennungsmotoren zu verlängern.
Insbesondere in Deutschland diente das Argument der „offenen Technologie“ zuletzt immer wieder als Vorwand, E-Fuels mit fossilem Anteil salonfähig zu halten oder die Zulassung von Neuwagen mit Verbrennern nach 2035 zu rechtfertigen – ein riskanter Kurs, der Klimaziele gefährden kann.

Was sagen die Daten wirklich?
Die Einsparungen wurden laut Veranstalter mithilfe eines digitalen Tools („Digital Fuel Twin“) erfasst und von unabhängigen wissenschaftlichen Instituten analysiert. Positiv zu bewerten ist die Transparenz der Datenerhebung. Allerdings bleibt unklar, wie repräsentativ die Tour unter Idealbedingungen für den tatsächlichen Markt ist:
- Die Verfügbarkeit 100 % erneuerbarer Kraftstoffe ist heute noch sehr begrenzt
- Der Energieaufwand für deren Produktion ist hoch
- Ihre Herstellung konkurriert oft mit Landnutzung, Biodiversität oder Lebensmittelproduktion
Zudem: Das Tanken erfolgte an speziell geplanten Standorten – nicht unter Alltagsbedingungen, wie sie normale Autofahrende erleben.
Fazit: Ergänzung, kein Ersatz
Erneuerbare Kraftstoffe können eine sinnvolle Brückentechnologie sein, besonders für den Bestand an Nutzfahrzeugen oder in schwer elektrifizierbaren Bereichen wie dem Schwerlastverkehr oder der Landwirtschaft.
Doch sie sind weder günstig noch in absehbarer Zeit flächendeckend verfügbar – und sie dürfen nicht dazu dienen, den längst notwendigen Strukturwandel im Verkehrssektor aufzuhalten.
Wer „Technologieoffenheit“ fordert, muss auch Klimapriorität und Effizienz mitdenken – und darf die E-Mobilität, die bereits heute großflächig einsatzbereit ist, nicht durch symbolpolitische Nebelkerzen relativieren.
Redaktioneller Hinweis:
Der vollständige Abschlussbericht der Tour d’Europe ist laut Veranstalter demnächst online verfügbar. Wir bleiben dran.
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