Von der besseren Wahl zur Problemquelle? Eine neue Studie zeigt: Ausgerechnet Glasflaschen enthalten oft mehr Mikroplastik als Plastikflaschen – und das hat unerwartete Gründe.
Überraschendes Ergebnis aus Frankreich
Viele Verbraucherinnen und Verbraucher greifen zu Glasflaschen – aus Umweltbewusstsein, wegen des besseren Geschmacks oder als Alternative zum allgegenwärtigen Plastik.
Doch eine aktuelle französische Studie bringt diese Gewissheit ins Wanken: In Getränken aus Glasflaschen wurde mehr Mikroplastik gefunden als in solchen aus Plastikflaschen oder Dosen. Und das in teils drastischem Ausmaß.

Im Schnitt enthielten die untersuchten Glasflaschen rund 100 Mikroplastikpartikel pro Liter – etwa 5 bis 50 Mal mehr als Getränke in Plastikflaschen oder Dosen. Die Ergebnisse stammen aus der Doktorarbeit von Iseline Chaïb, die im Auftrag der französischen Lebensmittelbehörde ANSES und der Region Hauts-de-France durchgeführt wurde. Die Analyse fand im nordfranzösischen Boulogne-sur-Mer statt.
Die Ursache: Die Kronkorken
Laut der Studie stammen die Partikel hauptsächlich aus der Farbe auf den Kronkorken. Diese bestehen in der Regel aus lackiertem Metall. Durch Reibung bei Transport und Lagerung entstehen winzige Kratzer, die Partikel freisetzen.
Diese gelangen beim Abfüllen oder Öffnen der Flasche ins Getränk. “Wir waren selbst überrascht vom Ausmaß”, so Chaïb gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. Sie hatte ursprünglich das Gegenteil erwartet: dass Plastikflaschen mehr Mikroplastik enthalten würden.
Dosen schneiden am besten ab – Wer hätte das gedacht …
Neben Glas- und Plastikflaschen wurden auch Getränkedosen analysiert – mit einem erstaunlich guten Ergebnis: Sie enthielten meist deutlich weniger Mikroplastik als die Glasflaschen. Auch bei Getränken mit Korkverschluss, etwa bei Wein, wurden nur sehr wenige Partikel nachgewiesen.
Wie gefährlich ist das?
Die Studienautorin und die ANSES betonen: Die gesundheitlichen Auswirkungen von Mikroplastik im Körper sind bislang unklar. Wissenschaftliche Studien vermuten zwar Zusammenhänge mit Entzündungen, Hormonstörungen oder einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen – doch eindeutige Belege fehlen noch.
Sicher ist nur: Mikroplastik ist inzwischen allgegenwärtig – in Luft, Wasser, Nahrung und sogar im menschlichen Blut und Gewebe.
Lösungen und Empfehlungen
Die gute Nachricht: Das Problem ist technisch lösbar. In der Studie wurde getestet, ob die Menge an Mikroplastik durch einfache Maßnahmen verringert werden kann. Ergebnis: Wenn die Kronkorken vor dem Verschließen mit Luft, Wasser oder Alkohol gereinigt werden, sinkt die Zahl der Partikel um bis zu 60 Prozent.
Die französische Lebensmittelbehörde ANSES empfiehlt deshalb, die Lackierung der Kronkorken zu überarbeiten oder die Lagerbedingungen zu verbessern. Auch eine Umstellung auf andere Verschlusssysteme – etwa Bügelverschlüsse oder Schraubdeckel – könnte sinnvoll sein.
Fazit: Glas ist nicht automatisch besser
Der Befund wirft ein neues Licht auf das Thema Verpackung und Nachhaltigkeit. Zwar gelten Glasflaschen als umweltfreundlicher – etwa wegen ihrer besseren Recyclingfähigkeit und längeren Wiederverwendbarkeit im Mehrwegsystem. Doch in puncto Mikroplastik schneiden sie, zumindest in dieser Studie, schlechter ab.
Die Studie zeigt, wie wichtig es ist, Umwelt- und Gesundheitsaspekte differenziert zu betrachten. Nicht jede vermeintlich “grüne” Lösung ist automatisch auch die bessere. Gleichzeitig macht die Forschung Hoffnung: Mit gezielten Änderungen in der Produktion lässt sich das Problem eindämmen – ohne auf bewährte Verpackungslösungen verzichten zu müssen.
Weitere Informationen & Quellen:
- ANSES – Französische Agentur für Lebensmittelsicherheit: www.anses.fr Phys.org: „Glass bottles can contain more microplastics than plastic ones“ (Juni 2025) Studie von Iseline Chaïb, Universität Boulogne-sur-Mer
- Der SPIEGEL (2025): Mikroplastik in Glasflaschen – überraschende Erkenntnisse aus Frankreich WHO & ECHA: Forschungsstand zu Mikroplastik und Gesundheit
Hinweis der Redaktion von Greentech LIVE & News: Wir beobachtet die Entwicklungen rund um Mikroplastik und Verpackungslösungen weiterhin aufmerksam. Unser Ziel ist es, fundiert, sachlich und wissenschaftlich begleitet zu berichten – jenseits von Schwarz-Weiß-Denken.