[Greentech] Insolvenz: Pleitewelle in der Solarbranche erfasst Sovello
Die Pleitewelle in der deutschen Solarbranche reißt ein weiteres Schwergewicht mit sich. Der Zellen- und Modulhersteller Sovello stellte am Montag Insolvenzantrag beim Amtsgericht Dessau-Roßlau, wie das Gericht mitteilte. Ziel sei eine Insolvenz in Eigenverwaltung. Das Unternehmen zählte zuletzt rund 1.200 Mitarbeiter.

Sovello ist wie Q-Cells im „Silicon Valley“ beheimatet, einem Zentrum der deutschen Solarindustrie im Dreiländereck Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Q-Cells mit 1.300 Beschäftigten am Stammsitz hatte am 2. April ebenfalls Insolvenz angemeldet. Auch Solon in Berlin ist pleite. Der US-Hersteller First Solar <FSLR.NAS> <FCD.ISE> will zudem seine Werke in Frankfurt (Oder) aufgeben.

Die Branche wird derzeit von heftiger Konkurrenz aus Asien und sinkender staatlicher Förderung erschüttert. In der vergangenen Woche waren erste Berichte aufgetaucht, wonach Sovello ebenfalls pleite sei. Zudem war von geplanter Kurzarbeit die Rede. Ein Sprecher des Unternehmens war am Montag für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Die Gewerkschaft IG BCE nannte den Insolvenzantrag einen Befreiungsschlag. „Insolvenz bedeutet noch nicht aus Aus“, sagte der zuständige Bezirksleiter Erhard Koppitz. Es sei nun Aufgabe des künftigen Insolvenzverwalters und der Betriebsräte, so viele Arbeitsplätze wie möglich zu retten.

Sovello war im Jahr 2005 als Gemeinschaftsunternehmen von Q-Cells und dem US-Hersteller Evergreen Solar gegründet worden. Nacheinander wurden drei Produktionslinien aufgebaut. Vor zwei Jahren wurde das Unternehmen von einem Private-Equity-Investor übernommen und die frühere Aktiengesellschaft in eine GmbH umgewandelt.

Die Besonderheit von Sovello ist, dass die Wafer für die Solarmodule in einem speziellen Verfahren zwischen zwei Fäden direkt aus der Siliziumschmelze gezogen werden. Dadurch entfällt der übliche Weg, bei dem die dünnen Wafer – die die Grundlage der Zellen bilden – aus großen Blöcken herausgesägt werden. Die Vorteile liegen in einem geringeren Material- und Energieverbrauch.

Unterdessen werden die Hilferufe für die Branche lauter. Nachdem die Bundesländer in der vergangenen Woche bereits die vom Bund geplanten Kürzungen bei der Einspeisevergütung vorerst gestoppt hatten, werden auch direkte Eingriffe des Staates gefordert.

So sprach sich der frühere IWH-Chef Ulrich Blum für einen Einstieg des Staates in die angeschlagene Solarbranche im Osten aus. „Der Staat könnte sich zeitweise an den Unternehmen beteiligen. Dies wäre einfach, da er über Fördermittel und Kredite schon heute ein großer Gläubiger der Unternehmen ist“, sagte Blum in einem Interview mit der „Mitteldeutschen Zeitung“ (Montag). Blum war Präsident des Instituts für Wirtschaftsforschung in Halle und ist jetzt Professor an der Uni Halle.

Es müsse ein Übergang organisiert werden, um die Firmen zu halten und konkurrenzfähig zu machen, sagte Blum. Die Schwierigkeiten von Q-Cells, Solon oder First Solar seien erst der Anfang. „Die Insolvenzwelle bei den Solarfirmen beginnt erst“, sagte Blum.

Die Wirtschaft in den neuen Ländern benötige aber einen neuen Technologiezyklus, um an das Produktionsniveau des Westens zu kommen. „Solar ist für Ostdeutschland, was für Süddeutschland nach dem Zweiten Weltkrieg die Fahrzeugindustrie war“, sagte Blum. Die erneuerbaren Energien seien ein weltweiter Megatrend, der nur alle 20 bis 30 Jahre vorkomme. „Wenn die neuen Länder diesen gegenwärtigen Zyklus verpassen, wird so schnell auch kein neuer kommen.“


Foto: Sovello