XXXX Nach den Zugeständnissen der Bundesregierung an Länder und Opposition zeichnet sich ein breiter Konsens über die schwarz-gelbe Energiewende ab. Die Signale aus der SPD standen am Wochenende auf Zustimmung. Die Grünen warteten zunächst noch ab, zeigten sich aber unter anderem damit zufrieden, dass die Regierung nun doch stufenweise aus der Atomenergie ausstiegen will. Die Abschaltjahre für die einzelnen Kernkraftwerke stehen nach dpa-Informationen inzwischen fest.

An diesem Montag verabschiedet das Bundeskabinett das Gesetzespaket zur Energiewende. Konfliktpotenzial zwischen Bund und Ländern könnte noch in den Zuständigkeiten für den Netzausbau liegen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) warb in ihrer wöchentlichen Video- Botschaft auch bei den Bürgern um Zustimmung zum neuen Energiekurs.

Die stufenweise AKW-Abschaltung war zwischen Bund und Ländern vereinbart worden. Nach Angaben aus Regierungskreisen soll 2015 der bayerische Meiler Grafenrheinfeld den Betrieb einstellen. 2017 soll Gundremmingen B (Bayern) und 2019 Philippsburg II (Baden-Württemberg) folgen. 2021 könnten Grohnde (Niedersachsen), Brokdorf (Schleswig-Holstein) und Gundremmingen C (Bayern) vom Netz gehen. Als letzte Kernkraftwerke würden 2022 Isar II (Bayern), Neckarwestheim II (Baden-Württemberg) und Emsland (Niedersachsen) abgeschaltet werden.

Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin betonte, Merkel habe im Sinne seiner Partei einen stufenweisen Atomausstieg akzeptieren müssen. Zudem sei der Druck der Länder insofern erfolgreich gewesen, als Windenergie an Land nicht schlechter gestellt werden solle als vor der Küste (Offshore). „Ob das geänderte Paket einen breiten Konsens finden kann, kommt auf die Details der endgültigen Gesetzesentwürfe an.“ Grünen-Chef Cem Özdemir äußerte sich in der „Welt am Sonntag“ ähnlich. Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Thomas Oppermann, sagte nach dem Treffen der Ministerpräsidenten mit Merkel vom Freitag: „Ich sehe die Chance für einen Energiekonsens.“

Die Bundesregierung will mit mehr Kompetenzen den Netzausbau schneller vorantreiben. Am Montag und Dienstag treffen sich die Wirtschaftsminister von Bund und Ländern im schleswig-holsteinischen Plön. Unter anderem geht es darum, Strom aus Windkraft, der vor allem im Norden produziert wird, in den Süden zu transportieren, wo in den zehn Jahren bis zum endgültigen Atomausstieg 2021/2022 die meisten Kernkraftwerke abgeschaltet werden müssen.

Schleswig-Holstein, das zurzeit der Wirtschaftsministerkonferenz vorsitzt, macht sich im Gegensatz zu anderen Ländern für ein einheitliches Genehmigungsverfahren unter Federführung des Bundes stark. Kiel sei als einzige Landesregierung bereit, die Bundesnetzagentur für überregionale Höchstspannungsleitungen als zentrale Planfeststellungsbehörde zu akzeptieren, sagte Wirtschaftsminister Jost de Jager (CDU).

Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) sagte am Samstag im Deutschlandradio Kultur, zur Beschleunigung „wird es künftig einen Bundesnetzplan geben, wie es auch schon einen Bundesverkehrswegeplan gibt, eben auf Bundesebene.“ Nach seinen Worten will der Bund die bisherigen Bau- und Planungszeiten von zehn auf vier Jahre verkürzen. Merkel argumentierte: „Die Windenergie wird eine zentrale Bedeutung haben. Und somit muss sehr viel Strom von Nord nach Süd transportiert werden.“ Deshalb sei es „notwendig, mehr für den Netzausbau zu tun“.

Führende Politiker von Schwarz-Gelb drängten – ungeachtet des Widerstands auch in den eigenen Reihen – am Wochenende die Grünen zu einer Zustimmung zum Atomausstieg. Die Grünen wollen wahrscheinlich bei einem Sonderparteitag am 25. Juni darüber abstimmen.

FDP-Fraktionschef Rainer Brüderle sagte dem „Hamburger Abendblatt“ (Montag): „Ich kann verstehen, dass sie Angst vor dem Verlust ihres wichtigsten Themas haben. … Jetzt gilt es aber, aus dem Schmollwinkel herauszukommen und gesamtstaatliche Verantwortung zu übernehmen.“ CSU-Chef Horst Seehofer erklärte in der „Bild am Sonntag“, die Grünen hätten „mit dem Atomausstieg ein ähnliches Problem wie die FDP mit ihrer Forderung nach Steuersenkungen: Sie verengen sich auf ein Thema“. Das koste auf Dauer Zustimmung in der Bevölkerung. Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) sagte: „Wenn die Opposition mitmacht, kann einer der größten gesellschaftlichen Konflikte in der Geschichte der Bundesrepublik gelöst werden.“

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) forderte im Deutschlandfunk ein Mitspracherecht der Länder beim Energie- und Klimafonds des Bundes. Aus dem Fonds sollen erneuerbare Energien und Maßnahmen zur Energieeinsparung gefördert werden.


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