Volle Kraft vorraus: Mehr Windräder, mehr Fläche, weniger Natur- und Tierschutz: Bis 2030 will Schwarz-Grün in Schleswig-Holstein 15 Gigawatt an Windkraft-Leistung. An den Abständen zu Häusern ändert sich aber nichts.

Zwischen Nord- und Ostsee sollen sich in Schleswig-Holstein 2030 deutlich mehr Windräder drehen. Die schwarz-grüne Landesregierung will die installierte Windkraft-Leistung an Land auf 15 Gigawatt erhöhen.
«Um dieses Ziel zu erreichen, müssen wir deutlich stärker als bisher in Schutzbelange eingreifen, um zusätzliche Vorranggebiete auszuweisen», sagte Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) am Dienstag.

Zwei Prozent der Landesfläche als Gebiete für Windräder vorgesehen.

Bislang sind zwei Prozent der Landesfläche als Gebiete für Windräder vorgesehen. Künftig sollen es drei Prozent sein. Das entspricht einer zusätzlichen Fläche von 160 Quadratkilometern. Zum Vergleich: Das ist deutlich mehr als das Kieler Stadtgebiet, das sich nach Angaben der Landeshauptstadt auf knapp 119 Quadratkilometern erstreckt.

Anfang Juli 2023 über 3.100 Windräder in Schleswig-Holstein

Mit Stand Anfang Juli drehten sich im Norden an Land 3119 Windräder. Sie hatten eine Gesamtleistung von 7,9 Gigawatt. Weitere 369 Standorte sind bereits genehmigt. Sie werden die Windkraft-Leistung um 1,9 Gigawatt erhöhen. Damit wird nach Angaben der Landesregierung bereits 2025 das Ziel erreicht, zehn Gigawatt Windstrom onshore zu produzieren.

Greentech Windpark Entwickler Parkwind Ostsee Offshore Energie
Greentech mit Wind: Offshore Windpark von Entwickler Parkwind in der Ostsee. Foto Parkwind

CDU und Grüne hatten sich vergangenes Jahr in ihrem Koalitionsvertrag darauf geeinigt, die Windkraft auf 15 Gigawatt an Land auszubauen. Fünf Gigawatt mehr entsprechen der Leistung mehrerer Kernkraftwerke.

Schwarz-Grün will die neuen Regionalpläne für Windräder bis spätestens 2027 aufstellen. Mit den bestehenden wurden zehn 10 Gigawatt angestrebt. Die Abstände von Anlagen zu Häusern sollen unverändert bleiben – sie betragen weiterhin 400 Meter zu einzelnen Häusern beziehungsweise 800 und 1000 Meter zu Dörfern und Städten.

Greentech Schleswig-Holstein

Dafür gibt es Eingriffe beim Landschafts- und Artenschutz sowie dem Denkmalschutz. «Der Ausbau der erneuerbaren Energien steht im überragenden öffentlichen Interesse», sagte Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne). «Wir haben Kompromisse in der Abwägung der Schutzgüter zugunsten des Klimaschutzes gemacht.»

Für Naturschutz besonders bedeutsame Bereiche würden weiterhin von Windkraftanlagen freigehalten. «Klima- und Naturschutz sind zwei Seiten derselben Medaille.»

Konkret schließt die Koalition Landschaftsschutzgebiete bei der Ausweisung von Vorrangflächen nicht mehr pauschal aus. Den Abstand zu Wäldern passt sie abhängig von deren ökologischer Wertigkeit an. Die Schutzbereiche um Brutplätze von Großvögeln reduziert sie teilweise.

Änderungen gibt es auch bei Naturschutzgebieten. Die ausformulierten Kriterien will die Regierung voraussichtlich im zweiten Quartal 2024 mit dem Entwurf der neuen Windpläne veröffentlichen.

Windräder müssen künftig nicht mehr die dreifache Höhe zur Wohnbebauung und die fünffache Höhe zu Siedlungen einhalten.

Grundsätzlich sollen bereits ausgewiesene Windkraft-Flächen beibehalten werden. Windräder müssen künftig nicht mehr die dreifache Höhe zur Wohnbebauung und die fünffache Höhe zu Siedlungen einhalten. Höhenbegrenzungen gibt es ebenfalls nicht.

Alte Windräder dürfen künftig auch außerhalb der Vorranggebiete durch neuere, leistungsstärkere Anlagen (Repowering) ersetzt werden. Öffentliche Belange oder Ziele der Raumordnung dürfen dadurch aber nicht beeinträchtigt werden.

Nach früheren Angaben des Statistikamts Nord wurden in Schleswig-Holstein 2022 rund 29,8 Millionen Megawattstunden (MWh) Strom erzeugt, 24,2 Prozent mehr als im Vorjahr. 26 Millionen MWh aus erneuerbaren Energien.

Windräder an Land erzeugten 14,2 Mio MWh

Laut den Statistikern konnte damit der Stromverbrauch des Landes (rund 15,2 Millionen MWh) rechnerisch zu etwa 170 Prozent gedeckt werden. Windräder an Land erzeugten allein 14,2 Millionen MWh und damit fast so viel wie das Land insgesamt verbraucht.