Abkehr von Kohle, Öl und Gas erstmals erwähnt

Konferenzpräsident Sultan Al-Dschaber aus den Vereinigten Arabischen Emiraten sprach strahlend und applaudierend von einem „historischen Paket“. Es sei ein robuster Aktionsplan, um das 1,5-Grad-Ziel in Reichweite zu halten. Gemeint ist das 2015 international vereinbarte Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit zu begrenzen. Dass die Beschlüsse von Dubai dafür reichen, zogen jedoch viele Klima-Experten und Umweltschützer in Zweifel.

Nach rund 24-stündiger Verlängerung und nächtlichen Verhandlungen kam die Konferenz am Vormittag überraschend plötzlich zum entscheidenden Punkt: Konferenzpräsident Sultan Al-Dschaber, verabschiedete den erst kurz zuvor veröffentlichten Textentwurf direkt zu Beginn der Plenarsitzung mit dem entscheidenden Hammerschlag. So werden auf Klimakonferenzen, wo das Prinzip der Einstimmigkeit gilt, Beschlüsse gefasst.

wood forrest Wald Greentech / Foto: Liam Pozz, Unsplash
Klimakrise bedroht nicht nur Inselstaaten, sondern auch Wälder / Foto: Liam Pozz, Unsplash

Inselstaaten fühlen sich übergangen

Doch die besonders von der Klimakrise bedrohten Inselstaaten waren zu diesem Zeitpunkt nach eigenen Angaben gar nicht im Plenum: Eine Vertreterin Samoas sagte, die Inselstaaten hätten sich noch koordinieren müssen. „Wir können nicht auf unsere Inseln zurückkehren mit der Botschaft, dass dieser Prozess uns betrogen hat“, sagte sie kurz darauf. „Die Kurskorrektur, die wir brauchten, ist nicht erreicht worden.“ Für Änderungen war es aber da schon zu spät.

In dem nun beschlossenen 21-Seiten-Papier werden die Staaten aufgefordert, sich von fossilen Brennstoffen in ihren Energiesystemen abzuwenden. Mehr als hundert Staaten hatten zuvor eine weitergehende Formulierung gefordert, nämlich einen Ausstieg („Phase out“). Auch lässt der Text Hintertüren offen – wie die weitere Nutzung von Gas sowie den Einsatz umstrittener Technologien zur Speicherung und Abscheidung von CO2. Enthalten ist zudem das Ziel, die Kapazität der erneuerbaren Energien bis 2030 zu verdreifachen und das Tempo bei der Energieeffizienz in diesem Zeitraum zu verdoppeln.

Anfang vom Ende – aber nicht genug

Luisa Neubauer von Fridays for Future sagte, die Klimabewegung habe für diese globale Abkehr von fossilen Energien hart gekämpft. Gemessen am Widerstand der Lobby für Kohle, Öl und Gas sei das ein großer Schritt, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. Die Konferenz habe jedoch auch gezeigt, „dass die Profite der Öl-Firmen bis heute erfolgreicher beschützt werden als die betroffensten Regionen der Welt“.

Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch, sagte, die Beschlüsse von Dubai könnten ein historischer Schritt werden – „aber nur, wenn in den nächsten Jahren tatsächlich weltweit ein massives Herunterfahren von Kohle, Öl und Gas erfolgt.“

Der deutsche Greenpeace-Chef Martin Kaiser würdigte das Ergebnis als Beginn vom Ende der Öl-, Gas- und Kohleindustrie – „nicht mehr, auch nicht weniger“. „Die Dominanz und das destruktive Vorgehen der ölexportierenden Länder, der einflussreichen Öl- und Gaslobby sowie der kohleabhängigen Länder wurden auf der Weltklimakonferenz überdeutlich und verhinderten weitergehende und verbindliche Beschlüsse.“

Ergebnis hat bedenkliche Schattenseiten und Schlupflöcher

Der Oxfam-Experte Jan Kowalzig fügte hinzu, das Ergebnis habe bedenkliche Schattenseiten und Schlupflöcher, darunter die Betonung der Rolle von Erdgas als Übergangslösung. „Das werden Förderländer und die fossile Industrie als Freifahrtschein für die Ausweitung der Gasförderung werten.“

UN-Klimachef Simon Stiell nannte den Beschluss einen Schritt in die richtige Richtung – der aber nicht ganz ausreiche. „Auch wenn wir das Zeitalter der fossilen Brennstoffe in Dubai nicht beendet haben, ist dieses Ergebnis der Anfang vom Ende.“

EU-Klimakommissar Wopke Hoekstra, der führend für die Europäische Union in Dubai verhandelte, lobte das Ende der Konferenz hingegen als „Tag, an dem man sich darüber freuen könne, dass „die Menschheit endlich getan hat, was lange, lange überfällig war“.

Die Gruppe der am wenigsten entwickelten Länder erklärte, in dem Abschlusstext würden die „Billionen von Dollar“ anerkannt, die zur Bekämpfung des Klimawandels in ihren Ländern erforderlich seien. Doch gebe es eine enorme Kluft zwischen den Bedürfnissen der Entwicklungsländer und den verfügbaren Finanzmitteln.

COP UPDATE 14:42: „Aussage zur Abkehr von fossilen Brennstoffen bleibt jedoch zu vage“ monieren Klima-Wissenschaftler

Die beiden wissenschaftlichen Direktoren des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung loben den Beschluss der UN-Klimakonferenz in Dubai, weisen aber auf nötige Nachbesserungen hin. Das Ergebnis werde die Welt zwar nicht in die Lage versetzen, die Erderwärmung auf 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen, sei aber „ein entscheidender Meilenstein“, erklärte Ko-Direktor Johan Rockström am Mittwoch.

„Dieser Beschluss macht allen Finanzinstituten, Unternehmen und Gesellschaften klar, dass wir nun endlich – acht Jahre nach dem Zeitplan von Paris – am wahren „Anfang vom Ende“ der von fossilen Brennstoffen angetriebenen Weltwirtschaft stehen.“

Emissionen bis 2030 um 40 % zu senken und bis 2050 Netto-Null zu erreichen

Rockström erklärte, nötig sei nun eine rasche Abkehr von der Nutzung von Öl, Kohle und Gas – mit dem Ziel, die Emissionen bis 2030 um mehr als 40 Prozent zu senken und bis 2050 eine Netto-Null zu erreichen.

Er bemängelte: „Die Aussage zur Abkehr von fossilen Brennstoffen bleibt jedoch zu vage, und es gibt keine harten und nachvollziehbaren Grenzen für 2030, 2040 und 2050.“ Rockström betonte, es seien „auch kollektive, globale Vereinbarungen über die Finanzierung, die Bepreisung von Kohlenstoff und den Technologieaustausch erforderlich, und zwar in einem Umfang, der weit über das hinausgeht, was derzeit auf dem Tisch liegt“.

Ko-Direktor Ottmar Edenhofer erkannte ebenfalls an: „Jetzt geht es um das Ende des fossilen Zeitalters – das ist ein echter Fortschritt.“

„Es geht um das Ende des fossilen Zeitalters – ein echter Fortschritt.“

Er wies zugleich auf die Notwendigkeit hin, das Treibhausgas Kohlendioxid wieder einzufangen. „In bestimmten Bereichen wie etwa der Chemieindustrie wird man auch 2050 noch Öl und Gas benötigen – nach Aussagen des Weltklimarats wird man darauf bis dahin nur zu 67 beziehungsweise 90 Prozent verzichten können.“

Es sei gut, dass im Abschlussdokument der Konferenz klargestellt werde, dass diese Verfahren „für die Sektoren mit schwer vermeidbaren Emissionen genutzt werden sollen und eben nicht für ein generelles Weiter-so“.

Der Abschlusstext fordert die Staaten zwar auf, sich von den fossilen Energien abzuwenden, fiel aber schwächer aus als der zuvor diskutierte klare Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas.