Die Aussichten von Deutschlands zweitgrößtem Energiekonzern RWE verdunkeln sich drastisch. Das Unternehmen reagiert mit neuen Sparzielen und einem umfangreichen weiteren Personalabbau. Für 2014 soll das bereinigte Nettoergebnis nur noch bei 1,3 bis 1,5 Milliarden Euro liegen, wie der Konzern am Donnerstag in Essen mitteilte.
Das wäre ein Einbruch um bis zu 45 Prozent verglichen mit den Erwartungen für dieses Jahr und weit entfernt von den Gewinnen der vergangenen Jahre. RWE will nun eine weitere Milliarde Euro einsparen und bis 2016 weitere 6.750 Stellen abbauen. Die Aktie sackte am Vormittag am Dax-Ende um mehr als fünf Prozent ab.
Der Versorger leidet wie auch Eon und EnBW unter dem Einbruch der Strom-Großhandelspreise und der schlechten Auslastung konventioneller Kraftwerke durch die Konkurrenz von Wind- und Sonnenenergie. Zwar hatte das unter schrumpfenden Gewinnen in der Stromerzeugung leidende Unternehmen in den ersten neun Monate ein stabiles Ergebnis abgeliefert, das lag aber nur an einer einmaligen Entschädigungszahlung des russischen Gasriesen Gazprom für zu teure Gasliefer-Konditionen in der ersten Jahreshälfte.
SCHLECHTES DRITTES QUARTAL
Im dritten Quartal sah es dagegen schon schlecht aus. Das für die Dividendenberechnung wichtige bereinigte Nettoergebnis drehte zwischen Juli und September ins Minus, im Vorjahreszeitraum hatten die Essener noch 227 Millionen Euro verdient. In den ersten neun Monaten erzielte RWE ein nachhaltiges Nettoergebnis von 1,9 Milliarden Euro, 1,2 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Der Umsatz stieg witterungsbedingt um 4 Prozent auf 39,9 Milliarden Euro. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) blieb mit 6,7 Milliarden Euro stabil. Das betriebliche Ergebnis stieg minimal auf 4,6 Milliarden Euro.
Zwar sind die Großhandelsstrompreise schon jetzt dramatisch gesunken, da der Strom aber bis zu drei Jahre im voraus verkauft wird, schlagen die eingebrochenen Preise erst nach und nach so richtig durch. So geht das Unternehmen davon aus, dass das operative Ergebnis (EBITDA) im kommenden Jahr bei 7,6 bis 8,1 Milliarden Euro liegen wird. Das betriebliche Ergebnis wird in einer Spanne von 4,5 bis 4,9 Milliarden Euro erwartet. Für dieses Jahr geht RWE unverändert von einem EBITDA von etwa 9 Milliarden Euro aus, etwas weniger als die 9,3 Milliarden Euro des Vorjahres. Das bereinigte Nettoergebnis soll mit 2,4 Milliarden Euro konstant bleiben.
TERIUM WILL GEGENSTEUERN
Konzernchef Terium will nun radikal gegensteuern. In den kommenden vier Jahren sollen die Kosten um eine weitere Milliarde Euro reduziert beziehungsweise die Arbeitsabläufe effizienter gestaltet werden. Bisher war die Zielvorgabe, bis Ende kommenden Jahres eine Milliarde Euro einzusparen. Vor dem Aufsichtsrat soll Terium Presseberichten zufolge von einer „ernsten bis existenzbedrohenden“ Situation für RWE gesprochen haben. Die Dividende kappte er bereits im September um die Hälfte. Auch in den kommenden Jahren wird es mager für die Aktionäre aussehen. Die Dividende orientiert sich an dem drastisch sinkenden nachhaltigen Nettoergebnis, außerdem will RWE nur noch 40 bis 50 Prozent davon ausschütten, in den Vorjahren waren es noch 50 bis 60 Prozent.
RWE bestätigte zudem, dass 6.750 Stellen bis 2016 wegfallen oder durch Verkauf abgegeben werden sollen, davon allein 4.750 in Deutschland. In dieser Zahl sind nach Angaben einer Sprecherin auch Arbeitsplätze enthalten, die bereits im Rahmen früherer Personalabbaupläne beschlossen aber noch nicht umgesetzt wurden. Auch die Höhe der Gehälter soll auf den Prüfstand. Von 2011 bis Ende 2013 hat RWE bereits 6.200 Stellen abgebaut oder durch Verkauf abgegeben.
ENDE DES KÜNDIGUNGSSCHUTZES?
Der Personalstand werde sich damit von rund 67.400 Stellen zum Jahresende auf knapp 61.000 verringern. Betriebsbedingte Kündigungen sollen über eine konzerninterne Jobbörse, Altersteilzeit und natürliche Fluktuation vermieden werden, hieß es. Der bis Ende 2014 laufende tarifliche Kündigungsschutz könne aber wegen der Lage auf dem Energiemarkt nicht verlängert werden. Anfang des neuen Jahres werde es Verhandlungen mit den Arbeitnehmervertretern geben, hieß es.