
Der deutsche TÜV-Verband mit Sitz in Berlin veröffentlicht seit 2022 die Sustainability Studie. Im Jahr 2023 wurden die Deutschen zu ihrer Meinung zum Klimawandel befragt – die Ergebnisse schockieren.
2023 Sustainability Studie befragt Deutsche zu Nachhaltigkeit
Nachdem letztes Jahr Unternehmen vom TÜV zu Umwelt- und Klimaschutz befragt wurden, liegt der Fokus in der diesjährigen TÜV Sustainability Studie auf den deutschen Bürger*innen. In mehreren Kategorien wurden diese zu Nachhaltigkeit und Umwelt befragt.
Grundsätzlich stellte sich dabei heraus, dass 78 Prozent Klima- und Umweltschutz wichtig finden. Der Anteil war hier bei den Über-60-Jährigen überdurchschnittlich hoch, bei den U30ern hingegen niedriger. Ein Fakt, der bei der Präsenz von FridaysForFuture und der Letzten Generation überraschend sein mag.
„Kopf im Sand:“ Über 20 Prozent glauben nicht an Klimawandel
Viel erschreckender sind allerdings die Zahlen dazu, ob die Befragten die Klimakrise als Bedrohung sehen oder sich betroffen fühlen. Jeweils ein Viertel gab an, dass sie nicht von den negativen Auswirkungen betroffen seien und grundsätzlich nicht an den Menschengemachten Klimawandel glauben.
„Die Zahlen verdeutlichen die Polarisierung beim Klimaschutz: Ein Viertel der Bevölkerung glaubt nicht an den Menschengemachten Klimawandel oder leugnet ihn, und auf der anderen Seite haben wir ein Fünftel, dem jede noch so sinnvolle Maßnahmen nicht ausreicht. In diesem Spannungsfeld müssen sich auch die politischen Entscheidungsträger bewegen,“ sagt Juliane Petrich vom TÜV Verband zu den Ergebnissen.
Bürger*innen sehen Verantwortung für Lösung globaler Klimakrise bei Politik
Stichwort Politik: Die Mehrheit der Befragten sieht diese in der Verantwortung für die Lösung der globalen Klima- und Umweltprobleme. Aktuell sind 56 Prozent der Meinung, die Deutsche Bundesregierung tue zu wenig, ähnliches gilt für die EU.
„Gerade Letzteres spricht für ein Informationsdefizit bei den Bürgerinnen und Bürgern,“ merkt Petrich an. „Eine ganze Menge an Legislativvorhaben wie Regulierungen kommen gerade aus Brüssel, zum Beispiel das Recht auf Reparatur.“
Sie fügt hinzu: „Umso wichtiger ist politische Führung, Einigkeit in der Regierung und handwerklich gut gemachte Gesetze, die klare Vorgaben machen, aber auch soziale Härten abfedern. Nur so kann die Politik verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen.“

TÜV als unabhängige Prüfinstanz gegen Greenwashing
Ein politisches Vorhaben, das Green Claims Directive, könnte laut Petrich ein Anfang sein.
„Wir als TÜV sind als unabhängige Prüfer vorgesehen, und würden – sollte das entsprechend umgesetzt werden – dafür sorgen, dass Aussagen von Unternehmen unabhängig überprüft werden.“
Das sei vor allem beim Thema Greenwashing von hoher Relevanz. Petrich sieht gesetzliche Vorhaben, fundierte Standards und unabhängige Prüfung hierbei als zentrale Säulen, um Unternehmen an fälschlicher grüner Darstellung zu hindern.
„Die Politik muss der Wirtschaft auferlegen, dass sie Informationen bereitstellt. Hersteller sollten verpflichtet werden, Informationen über die Nachhaltigkeit ihrer Produkte entsprechend zu veröffentlichen und transparent zu machen, damit Verbraucher*innen das besser nachvollziehen können.“

Kosten sind Barriere bei nachhaltigem Konsum
Doch Verbraucher*innen selbst beschäftigen sich im Alltag verhältnismäßig wenig mit Klimaaspekten. Die wenigsten kennen laut Studie ihren persönlichen CO2-Fußabdruck, und:
„Nachhaltigkeitsaspekte sind beim Einkauf nicht ganz so wichtig. Preis, Design und Qualität sind entscheidender für die Befragten.“
Die Barrieren sieht Petrich bei hohen Kosten und fehlenden Informationen.
„Klimaschutz ist aktuell noch teuer, viele können sich das einfach nicht leisten. Es ist eine große Gemengelage an Faktoren, die zusammenkommt, deswegen ist es umso wichtiger, dass die Politik Orientierung gibt.“

Schnellere Umsetzung gefordert bei politischen Vorhaben
Die Sustainability Studie gibt aber gleichzeitig Hoffnung. Eine große Mehrheit befindet es für notwendig, in nachhaltige Transformation der Wirtschaft zu investieren, Erneuerbare Energien auszubauen und gesetzliche Vorgaben zur Steigerung der Energieeffizienz zu haben.
„Überspitzt kann man sagen: Die Einen verweigern sich der Realität, die anderen kleben sich an der Straße fest, und dazwischen liegt eine breite Mehrheit, die grundsätzlich bereit ist, mehr für den Umwelt- und Klimaschutz zu tun, die aber häufig verunsichert ist,“ schließt Petrich.
Der Appel ist klar: „Ohne weitere Regulierungen wird es nicht gehen. Wir brauchen einen einheitlichen Rechtsrahmen für eine Kreislaufwirtschaft, nachhaltige Produkte und die Mobilitätswende. Besonders gefragt ist jetzt mehr Tempo bei der Umsetzung.“