
Weg von Verschwendung, hin zu langfristigen Strategien. Das Steinbeis Beratungszentrum Circular Economy macht das Prinzip der Kreislaufwirtschaft greifbar.
Christoph Soukup von Steinbeis: „Wir haben nur eine Erde.“
Laut dem 2020 Circularity Gap Report bewegen wir weltweit jährlich 100 Gigatonnen an Materialien. Das entspricht, wie Christoph Soukup vom Steinbeis Beratungszentrum Circular Economy auf der Greentech.LIVE Konferenz im Impact Hub Stuttgart veranschaulicht, einer vierspurigen Autobahn bis zum Mond.
Von dieser enormen Menge landen nur 10 Prozent der Materialien im Kreislauf, der Rest wird als Müll verstaut, verbrannt, verschwendet.
„Allein bei den nachwachsenden Ressourcen brauchen wir hochgerechnet 1,7 Erden jedes Jahr,“ sagt Soukup. Nur auf Deutschland bezogen bräuchte es sogar ganze drei Erden – die wir nicht haben.
Intelligente Kreislaufwirtschaft statt Kampf gegen unerreichbare Null-Linie
Will man zu einer langfristigen Lösung gelangen, muss sich demnach etwas ändern. Bei dem Prinzip einer linearen Wirtschaft wäre ein Ansatz, das Ziel eines geringstmöglichen Schadens zu verfolgen. Aber, Soukup weist darauf hin: „Es ist immer ein Kämpf gegen eine Null-Linie, die nicht zu erreichen ist.“
Stattdessen gibt es einen Shift hin zu einer intelligenten Kreislaufwirtschaft, mit verschiedenen Strategien.
Zentral sei vor allem, bei der Produktentwicklung die Nutzung nach der Nutzung bereits mit im Blick zu haben.

Stoffströme verringern und verlangsamen für möglichst lange Ressourcennutzung
Zunächst einmal müssen dafür Stoffströme verringert und verlangsamt werden.
„Bei allen Stoffströme, die ich nicht durch dieses Wirtschaftssystem durchschleuse, muss ich mich nachher nicht darum kümmern, wie sie in den Kreislauf kommen,“ erklärt Soukup.
Beim Rest gelte, die Materialien durch Reparatur, Refurbishment oder Remanufacturing möglichst lange im Gebrauch zu halten.
Man könne zudem auf nachwachsende Rohstoffe setzen, solange man hier giftfrei bleibe.
Kreislaufwirtschaft im Lego-Prinzip: mit simplen Bausteinen vielfältig produzieren
Soukup bezeichnet das Kreislaufwirtschafts-System simpel mit einem Lego- oder Bibliotheks-Prinzip. Obwohl alle Bausteine in der Grundstruktur gleich sind, ließen sich die unterschiedlichsten Dinge bauen.
„Wenn ich es schaffe, intelligent zu modularisieren, habe ich weniger Vielfalt, weniger Individualität auf der Ebene Bauteile, kann aber trotzdem sehr viel Formen realisieren und habe die Möglichkeit, die Dinge auseinander zu nehmen und neu zu rekonfigurieren.“
Betrachte man die Bausteine und Ressourcen unserer Erde außerdem wie in einer Bibliothek als nur geliehen, gelangt man zum hohen Anspruch, diese in der höchstwertigen Form wieder zurückgeben zu können.
Steinbeis bietet konkreten Zirkulären Prüfstand für Unternehmen
Das Ganze sei natürlich nicht von heute auf morgen umsetzbar. Die Veränderung hin zu einer langfristigen Perspektive brauche Zeit, die Entwicklung neuer Prozesse und vor allem Zusammenarbeit.
Um Unternehmen beim Start zu helfen, bietet Steinbeis zu Beginn daher beispielsweise einen Zirkulären Prüfstand an.
„Wir machen also Trockentraining, wenden aber das Prinzip der Kreislaufwirtschaft schon mal auf erste konkrete Zusammenhänge in dem Unternehmen an.“

Circular Economy bekommt zunehmend Rückenwind
Hoffnung mache, dass Soukup heutzutage eine höhere Offenheit zur Kreislaufwirtschaft wahrnimmt.
„Wir sehen, dass das Thema Kreislaufwirtschaft jetzt Rückenwind bekommt. Wo wir noch vor zwei Jahren einfach erklärt haben, was Kreislaufwirtschaft ist, hören wir jetzt eher: wir würden es gerne mal auf unser Produkt runterbrechen,“ erklärt er. „Das größte Druckmittel aus meiner Erfahrung, sind die eigenen Mitarbeitenden.“
Immer mehr Unternehmen würden dadurch den nötigen Mut fassen – der Voraussetzung ist, um voranzukommen. Einmal angefangen, setze sich viel in Bewegung.
„Es gibt mehr und mehr Unternehmen, die sagen, diese Spur, die wir schon gelegt haben, gehen wir entlang.“