
Der Futtermittelmarkt hat ein Problem: Nachhaltigkeit. Zwar werden viele proteinreiche Futtermittel benötigt, aber bislang ist die Produktion davon alles andere als umweltfreundlich. Wenn es nach dem Unternehmen Nertus geht, ändert sich das bald, indem man stattdessen auf automatisierte Insektenzucht für Proteine setzt.
Leo Flohr zu Gast bei Greentech.Live: Insekten für proteinreiches Tierfutter
Tiere brauchen proteinreiches Futter. Um den Bedarf zu decken, wird für den Proteinanteil herkömmlich auf Fischmehl, Soja oder Fleisch zurückgegriffen.
Die Folgen? Überfischte Weltmeere, abgeholzter Regenwald und hoher CO2 Ausstoß. Alles andere als nachhaltig. Es müssen Alternativen her, und zwar am besten kostengünstige.
Das baden-württembergische Unternehmen Nertus und Mitgründer Leo Flohr sehen die Lösung in kleinen Kriechern und Krabblern – kurz: Insekten. Im Oktober 2022 spricht Flohr in der Greentech.Live Konferenz genauer über die Angelegenheit.
Automatisierte Mehlwurmzucht, um hohen Bedarf zu decken
Insekten sind extrem proteinreich und die Proteine dazu sehr hochwertig. Das stellten auch Forscher*innen des Fraunhofer Instituts fest, die Insekten als „Tierfutter der Zukunft“ bezeichneten.
Nertus sieht das genauso, und beschäftigt sich daher mit der Züchtung von Mehlwürmern. Doch gibt es einen Haken: Mehrwürmer sind sehr klein und es bedarf einer enormen Anzahl von ihnen, um den benötigten Bedarf zu decken.
Aus diesem Grund entwickelt Nertus eine Automatisierungstechnik zur Zucht der kleinen Tiere. Das Zuchtmodul soll, wenn es komplett funktionsfähig ist, eine Kapazität von 45 Tonnen besitzen, voll automatisiert sein und eine Vielzahl von Sensorik aufweisen.
Die Sensoren dienen der Erfassung von Parametern wie Temperatur, Proteingehalt und Wachstumsrate der Mehlwürmer.

Nertus sieht Betrieb der Zuchtmodule durch Landwirt*innen vor
Gezüchtet werden die Mehlwürmer in kleinen Boxen. In ungefähr zwei Monaten könnten dort an die zwei Millionen Stück heranwachsen. Die Boxen sind offen, aber durch die glatten Wände können die Mehlwürmer nicht entkommen. Die Tiere bekommen Nass- und Trockenfutter, beispielsweise mit Gemüseresten von Mühlen.
Allerdings will Nertus die Module nicht selbst betreiben. Man setzt viel eher auf eine Trennung von Reproduktion und Mast der Mehlwürmer. Während Nertus also die Anlagen produziert und Mehlwurmeier liefert, sollen Landwirt*innen sich um den Betrieb selbst kümmern.
„Landwirte produzieren fast all unser Essen, produzieren fast all unser Futtermittel. Warum sollten die nicht auch einsteigen in die Mehlwurmzucht?“, sagt Flohr in der Konferenz.

Kostengünstig für höheren Wirkungsgrad
Vor allem ginge es darum, das Ganze so umsetzbar und kostengünstig wie möglich zu gestalten. Die Anlagen ließen sich daher in Scheunen oder leerstehenden Schweinestellen integrieren. Und man arbeitet eben auch an einem guten Preis.
„Wir müssen nicht nur eine utopisch teure Alternative zu all den schlechten, nicht nachhaltigen Futtermitteln liefern, sondern wir müssen auch eine kostengünstige Lösung liefern“, so Flohr. „Denn nur, wenn wir zumindest auf dem gleichen Preislevel sind wie die anderen, nicht nachhaltigen Sachen, dann kaufen uns die Leute auch, und dann können wir wirklich etwas bewirken.“

Derzeit noch fehlende Akzeptanz für Insekten in Produkten für menschlichen Verzehr
Man könne auch schnell auf eine Mehlwurmzucht für menschliche Nahrungsmittel umschwenken, aber hier fehlt bislang die Akzeptanz. In Zukunft wäre das aber laut Flohr durchaus denkbar. Je mehr Leute solche Produkte kaufen, desto bessere Alternativen würden entwickelt.
Vorerst aber nun der Start über den Tierfuttermarkt. Aktuell wurde zu Beginn ein Pilotprojekt mit vier Tausend Boxen in Betrieb genommen, und dann wolle man stückweise hochskalieren.
Geplant ist bald ein ersten Kundenprojekt zu realisieren. Interesse von Landwirt*innen sei auf jeden Fall vorhanden.
Mehr rund um das Thema, könnt ihr im Video der Greentech.LIVE Konferenz nachschauen.