Foto: Radowan Nakif Rehan via Unsplash
Reduktion von Bau-Abfall ist für Circular Economy sehr wichtig. Foto: Radowan Nakif Rehan via Unsplash

Die Reduktion von Abfällen ist für eine funktionale zirkuläre Wirtschaft essenziell und gewinnt daher in vielen Sektoren an Relevanz. Auch in der Bauindustrie ist die Menge an Abfall nicht ohne. In Europa zählt sie zu den größten Abfallproduzenten und ist zudem für ungefähr 10 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich.

Ein Europäisches Forschungsprojekt, genannt „Reincarnate“, will nun genau dieses Problem angehen und Bauabfälle um bis zu 80 Prozent reduzieren.

Große Menge an Bauabfällen für Kreislaufwirtschaft unbrauchbar

Bau- und Abbruchsabfälle machen mit 25 bis 30 Prozent des gesamten Abfalls in Europa durchaus einen bemerklichen Anteil aus. Die Menge lässt sich dadurch erklären, dass die durchschnittliche Lebensdauer von Gebäuden in Europa nur an die 40 Jahre beträgt. Da aber die erforderlichen Informationen zur ursprünglichen Bauweise fehlen, kann das Gebäude oder Teile davon nicht einer Neu- oder Umnutzung zugeführt werden. Das führt zu Abrissen oder Komplettneubauten.

Bei den Abfällen beträgt die Recyclingrate zwar 75 Prozent, was erst einmal gut klingt, in der Realität allerdings sieht es ein wenig anders aus. Die meisten Bauabfälle werden im Straßenbau eingesetzt und sind dadurch für die Kreislaufwirtschaft unbrauchbar. Gipskartonplatten, Fenster, Fassadenelemente und andere wertvolle Bauteile landen schnell auf Deponien.

Europäisches Großprojekt soll Lebenszyklus von Gebäuden verlängern

„Reincarnate“, ein europäisches Großprojekt, das vom EU-Forschungs- und Innovationsprogramm Horizon Europe finanziert wird, will das Ganze jetzt nachhaltiger gestalten. Der Zusammenschluss von 16 multidisziplinären Organisationen aus 8 Ländern, zu dem Industrieunternehmen, Universitäten, gemeinnützige Organisationen und Forschungsinstitute gehören, hat das Ziel, den Lebenszyklus von Gebäuden zu verlängern. Auch die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) bringt sich in das Projekt mit ein.

In den kommenden vier Jahren soll „Reincarnate“ auf einer digitalen Plattform zehn Lösungsansätze präsentieren und deren Wirksamkeit an konkreten Beispielen erproben. Dazu gehört beispielsweise eine Datenbank zur Erfassung des Recyclingpotenzials von Baustoffen, langfristige Stadtentwicklungsprognosen sowie der Einsatz digitaler Inspektionswerkzeuge, Robotik und Automatisierung bei der Bewertung des Wiederverwendungspotenzials.

Lösungsansätze könnten CO2-Fußabdruck des Bausektors um 70 Prozent reduzieren

Laut Sabine Kruschwitz, BAM Expertin für Materialcharakterisierung und -informatik für die Nachhaltigkeit im Bauwesen und Juniorprofessorin an der Technischen Universität Berlin, könnten Bauabfälle somit um 80 Prozent reduziert werden. Des Weiteren ließe sich der CO2-Fußabdruck des Bausektors um 70 Prozent senken.

Inwiefern „Reincarnate“ seinem Namen der „Wiedergeburt“ gerecht werden kann, wird sich zeigen. Unter anderem durch die Erprobung der Lösungsansätze bei der Sanierung und Umnutzung des Berliner Flughafens Tempelhof.

Kruschwitz zumindest sieht das Projekt als Chance an. Laut ihr könnte es einen „bedeutenden Impuls für mehr Nachhaltigkeit im europäischen Bausektor“ setzen.