[Energiewende] Atomausstieg bis 2022 - Parteien beraten Nach der Entscheidung der Regierungskoalition über einen Atomausstieg bis spätestens 2022 beraten heute (Montag) in Berlin die Parteien über den Abschied von der Kernkraft. Der Großteil der Meiler soll nach dem Willen der Bundesregierung schon bis 2021 vom Netz. Falls es Probleme bei der Energiewende gibt, sollen die letzten drei Meiler jedoch erst 2022 abgeschaltet werden. Diese Anlagen werden als „Sicherheitspuffer“ angesehen. Das vereinbarten die Spitzen von Union und FDP in der Nacht zum Montag im Kanzleramt.

2018 soll überprüpft werden, ob bereits bis 2021 ein kompletter Ausstieg möglich ist – oder ob man den Puffer bis 2022 braucht. Im Rahmen des jetzt beschlossenen Ausstiegs werden die sieben ältesten Atommeiler und das AKW Krümmel stillgelegt. Die sieben Alt-AKW waren Mitte März nach der Katastrophe von Fukushima aus Sicherheitsgründen mit dem Atom-Moratorium abgeschaltet worden.

Eines dieser Kraftwerke soll allerdings bis 2013 in einer Art „Stand By“-Funktion gehalten werden, um bei Stromengpässen reagieren zu können. Welcher Meiler das ist, entscheidet die Bundesnetzagentur. Sie hatte errechnet, dass gerade im Süden Deutschlands im Winter bei zu wenig Solar- und Importstrom bis zu 2000 Megawatt fehlen könnten. Infrage kommen dem Vernehmen nach Philipsburg I oder Biblis B. Definitiv stillegelegt werden sollen Isar I, Neckarwestheim I, Biblis A, Brunsbüttel, Unterweser und Krümmel. Reststrommengenübertragungen von alten auf neue Meiler sollen weiter möglich sein.

Der frühere Umweltminister und heutige SPD-Chef Sigmar Gabriel nannte diesen Plan fragwürdig. Er kenne kein Atomkraftwerk, dass man als Kaltreserve fahren könne. „Das sind Vorstellungen, die mit der technischen Wirklichkeit wenig zu tun haben“, sagte Gabriel nach einem Gespräch am Sonntagabend mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU).

Die Bundeskanzlerin will nach Möglichkeit SPD und Grüne beim Atomausstieg mit einbinden. Noch am Sonntagabend führte sie daher Gespräche mit den Parteispitzen der Opposition. Gabriel erklärte, seine Partei sei zu einem Konsens bereit – aber zu klaren Bedingungen. Viele Fragen seien noch offen. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin warnte vor neuen Hintertüren der Koalition beim Atomausstieg: „Die Hintertüren sind noch nicht zu“.

Der Regierungsplan für einen Ausstieg bis 2021/2022 liegt auf der Linie der Empfehlung der Ethikkommission zur Atomenergie, die nach der GAU von Fukushima von Merkel eingesetzt worden war. Die Kommissionsvorsitzenden, der frühere Umweltminister Klaus Töpfer und der Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Matthias Kleiner, übergeben am Morgen der Kanzlerin ihren Abschlussbericht. Die Kommission empfiehlt einen Atomausstieg bis spätestens 2021. Am Montagabend gibt es eine öffentliche Diskussion über den Bericht. Am Nachmittag beraten die Bundestagsfraktionen in Sondersitzungen über die Ausstiegspläne der Koalition und einen möglichen Konsens.

An der mit dem schwarz-gelben Sparpaket beschlossenen und zu Jahresanfang eingeführten Steuer auf Brennelemente hält die Koalition fest. Sie sollte dem Bund jährlich 2,3 Milliarden Euro einbringen. Werden aber wie jetzt beschlossen acht Kernkraftwerke vorzeitig abgeschaltet, verringern sich die Einnahmen auf etwa 1,3 Milliarden Euro pro Jahr. In der Koalition war zeitweise eine Abschaffung geprüft worden, damit die Konzerne mehr Geld für Investitionen in Ökostrom-Projekte hätten. Allerdings hatte die Opposition scharf protestiert, dass ein Wegfall der Steuer eine Art neuer „Deal“ mit den Atomkonzernen Eon <EOAN.ETR>, RWE <RWE.ETR>, EnBW <EBK.ETR> und Vattenfall gewesen wäre.