Im Streit um längere Laufzeiten für die Atomkraftwerke droht Rheinland-Pfalz der schwarz-gelben Bundesregierung mit einer Verfassungsklage. Sein Land wolle vor das Bundesverfassungsgericht ziehen, falls die Koalition eine Verlängerung am Bundesrat vorbei beschließe, kündigte Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) am Donnerstag in Berlin an. Beck stellte ein Rechtsgutachten einer Berliner Anwaltskanzlei vor. „Eine Atomgesetznovelle mit dem Ziel der Verlängerung der Laufzeiten der Atomkraftwerke bedarf der Zustimmung des Bundesrates“, hieß es.

Auch zwei Gutachten im Auftrag von Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) waren zu diesem Ergebnis gekommen. Experten des Innen- und Justizministeriums argumentieren aber, dass eine geringe Verlängerung der Betriebszeiten im Atomgesetz ohne Zustimmung des Bundesrats vertretbar sei. Weil Schwarz-Gelb in der Länderkammer keine Mehrheit mehr hat, will die Regierung ein neues Atomgesetz ohne den Bundesrat auf den Weg bringen.

Neue Unsicherheit kommt wegen der geplanten Brennelementesteuer. Aus Koalitionskreisen hieß es, im Atomausstiegsbeschluss von 2000 sei festgelegt, dass die Wirtschaft nicht steuerlich belastet werden dürfe. „Die Bundesregierung wird keine Initiative ergreifen, mit der die Nutzung der Kernenergie durch einseitige Maßnahmen diskriminiert wird. Dies gilt auch für das Steuerrecht“, heißt es darin.

Die Bundesregierung hat diese Steuer fest eingeplant für ihr Sparpaket. Pro Jahr sollen die Stromkonzerne 2,3 Milliarden Euro zahlen. Weil die Koalition auch längere Laufzeiten anstrebt, könnten die Konzerne dies aus den Zusatzgewinnen finanzieren. Rechtlich soll die Steuer aber unabhängig von der Verlängerung eingeführt werden.

Die Mainzer Landesregierung warnte Schwarz-Gelb, sich bei der Laufzeitentscheidung auf einen rechtlich riskanten Kurs zu begeben. „Das beabsichtigte Vorgehen der Bundesregierung bedeutet Rechtsunsicherheit für die gesamte Energiebranche und wird unweigerlich zu Investitionszurückhaltung führen.“ Der Ausbau der Öko-Energien werde durch mehr Atomkraft gefährdet.

Die Regierung will frühestens Ende August ihr neues Energiekonzept vorlegen. Dabei soll auch die Atomfrage geklärt werden. Die Kernkraftwerke sollen nach dem Willen der Koalition mindestens zehn Jahre länger laufen als im rot-grünen Atomausstieg vereinbart. Die Maximaldauer ist noch offen. Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) rechnet mit bis zu 17 Jahren zusätzlich.

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