Der Feldhase in Hessen profitiert vom Boom des Ökolandbaus. Zu diesem Ergebnis kommen Wissenschaftler der Universität Kassel, die seit mehr als drei Jahren die Entwicklung der Hasen erforschen. «Lange Zeit hat man angenommen, der Hase frisst alles, was grün ist», erklärt der Biologe Johannes Lang.
«Heute wissen wir, dass er bevorzugt Klee mag.» Diese Lieblingsspeise pflanzen Ökobauern in großen Mengen als Viehfutter an. Die Statistik verheißt rosige Zeiten für den Feldhasen: Noch nie war die Zahl der Okö-Betriebe in Hessen so hoch wie jetzt.
Lang und sein Team haben während ihres Forschungsprojektes auf der hessischen Staatsdomäne Frankenhausen bei Kassel seit 2006 mehr als ein Dutzend Mal Hasen gezählt. «Wir scheuchen die Tiere wie bei einer Treibjagd zusammen, damit sie sich in unseren Netzen verfangen», erzählt der Forscher.
Dann bekommen die Hasen einen kleinen Peilsender, damit die Wissenschaftler ihre Gewohnheiten verfolgen können. Das 320 Hektar große Gut in Frankenhausen wird von der Universität Kassel ökologisch bewirtschaftet.
Seit Beginn des Projektes hat sich die Population der Feldhasen dort mehr als verdoppelt: 2006 gab es noch durchschnittlich 25 Hasen pro 100 Hektar, 2009 registrierten die Wissenschaftler im Schnitt 55 Hasen pro 100 Hektar.
Für die Biologen ist dieser Anstieg eindeutig ein Ergebnis der mittlerweile erstklassigen Lebensbedingungen für Hasen im Ökolandbau: «Kleegras ist sehr energiereich», erläutert Lang. Deshalb sei es bei Feldhasen so beliebt. Die Felder böten zudem gute Verstecke für Junghasen. Auch sogenannte Blühstreifen, etwa drei Meter breite Ränder an Äckern und Wegen, halten für die Feldhasen mit Wildkräutern, Klatschmohn und Kornblumen Leckerbissen bereit und dienen dem Tier als Lebensraum. Die Biobauern pflanzen – anders als konventionelle Landwirte – solche Streifen ganz bewusst an. «Davon profitieren auch viele Insekten und Nützlinge», sagt die Naturschutzberaterin des Anbauverbandes Bioland, Katharina Schertler.
Die Erkenntnis, dass der Ökolandbau förderlich für die Population der Hasen ist, verschreckt die Landwirte ihrer Ansicht nach nicht: «Es gibt in Hessen nicht so viele Hasen, dass sie den Ökobauern wirtschaftlichen Schaden zufügen könnten.» Wildschweine und Gänse richteten durch das Zerwühlen oder das Weiden der Felder eher Schäden an. Der Landesjagdverband registrierte für die Jagdsaison 2007/08 hessenweit rund 12 000 Feldhasen. Der Bestand stagniert nach Angaben des Naturschutzreferenten des Jagdverbandes, Rolf Becker, seit Jahren mit naturgemäßen Schwankungen.
Einen regelrechten Boom verzeichnet dagegen die Öko-Landwirtschaft in Hessen. 2009 zählte der Landesbetrieb für Landwirtschaft rund 1700 Öko-Betriebe. Damit nimmt Hessen in Deutschland einen Spitzenplatz ein. Lang würde diese Zahl zugunsten des Hasen gerne noch wachsen sehen. «Wenn mehr Betriebe auf Ökolandbau umstellen würden, dann ginge es dem Hasen besser», resümiert er.
Diese Erkenntnis hatten die Forscher nicht unbedingt erwartet. Denn ihr Vorhaben war es ursprünglich, die Konflikte von Naturschutz und Ökolandbau zu untersuchen: Immerhin werden bei Mäharbeiten oder dem automatischen Unkrautrupfen zahlreiche Hasen durch Maschinen getötet. Schertler weiß um diese Probleme. Alle Arbeitsgänge mit Maschinen seien generell ein Problem für Wildtiere, sagt sie. Zum Schutz der Feldhasen, so versichert sie aber, betrieben die Ökobauern zusätzlichen Aufwand: Sie gingen vor Beginn der Mäharbeiten durch die Felder und verscheuchten die Tiere.
[TechFieber Green/mei/ddp] [Photo Pete Astn/cc]
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