Der Bundesgerichtshof hat die Rechte von Gaskunden gestärkt. Energieversorger dürften eine Erhöhung des Gaspreises nicht allein an die Ölpreisentwicklung koppeln, entschied der BGH in Karlsruhe am Mittwoch in einem weitreichenden Grundsatzurteil.
Entsprechende Klauseln seien unwirksam, weil sie die Kunden unangemessen benachteiligten. Denn sie erlaubten eine Erhöhung der Gaspreise selbst dann, wenn Unternehmen steigende Gasbezugspreise durch Kostensenkungen in anderen Bereichen, etwa bei den Netz- und Vertriebskosten, auffangen könnten. Damit könnten die Versorger in unzulässiger Weise «einen zusätzlichen Gewinn erzielen».
Ein BGH-Sprecher sagte, das Urteil betreffe «weite Teile» des Marktes für Privatkunden in Deutschland. Der Bundesgerichtshof erkennt zwar grundsätzlich ein berechtigtes Interesse von Gasversorgungsunternehmen an, Kostensteigerungen während der Vertragslaufzeit an ihre Kunden weiterzugeben. Die Möglichkeit einer unzulässigen Gewinnsteigerung ergebe sich aber, wenn Klauseln «als einzige Variable» für die Anpassung des Gaspreises den Preis für extra leichtes Heizöl (HEL) vorsehen und damit der Ölpreisentwicklung «automatisch» folgen.
Dass sich der Gaspreis vielfach parallel zum Preis für leichtes Heizöl entwickele, beruhe «nicht auf Markteinflüssen, sondern darauf, dass die Ölpreisbindung der Gaspreise einer gefestigten Praxis entspricht», betonte der Bundesgerichtshof. Für die Lieferung von leitungsgebundenem Gas an Endverbraucher existiere «mangels eines wirksamen Wettbewerbs nach wie vor kein Marktpreis».
Der 8. Zivilsenat des BGH erklärte in zwei Verfahren entsprechende Preisanpassungsklauseln in Erdgassonderverträgen für unwirksam. Zum einen klagte der Bund der Energieverbraucher gegen den Kölner Energieversorger RheinEnergie, zum anderen wendeten sich 36 Gaskunden gegen eine Preiserhöhung der Stadtwerke Dreieich in Hessen.
Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) betonte, entsprechende Klauseln seien in Verbraucherverträgen «eher unüblich». Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Bärbel Höhn, wies hingegen darauf hin, dass «mehr als 500 000 Haushalte Einspruch gegen die diversen Erhöhungsrunden beim Erdgas eingelegt» und das entsprechende Geld nicht an die Versorger überwiesen hätten. «Mit dem Urteil dürften viele Stadtwerke auf Nachforderungen in Millionenhöhe sitzen bleiben», prognostizierte sie.
Wer aufgrund des BGH-Urteils sinkende Preise erwarte, werde aber enttäuscht werden. Wenn es steigende Importkosten aus Russland oder Norwegen gebe, würden die Versorger Wege finden müssen, diese entsprechend umzulegen. Wichtig sei dabei aber eine transparente Begründung. «In der Vergangenheit gab es viel zu oft verdeckte Gewinnmitnahmen», sagte Höhn.
Der BGH habe nur über die Ölpreisbindung zwischen Verbrauchern und deutschen Versorgern geurteilt. Preissenkungen würden aber nur wahrscheinlich, «wenn man auch die internationale Ölpreisbindung bei den Importen endlich aufhebt», betonte die Grünen-Politikerin.
Der hessische Wirtschaftsminister Dieter Posch (FDP) begrüßte die BGH-Entscheidung als Signal für Verbraucherrechte. «Die Bindung des Gasendpreises an den Ölpreis ist ein Überbleibsel aus den 60er Jahren und längst überholt», sagte Posch. Dies habe der BGH nun «deutlich festgestellt». Die Energielieferanten müssten «in Zukunft ihre Preispolitik transparent machen und durch den Nachweis ihrer Kostenentwicklung begründen».
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