Die Europäische Kommission hat mit ihrer neuen Startup and Scaleup Strategy ambitionierte Maßnahmen vorgestellt, um Europa als attraktiven Standort für technologieorientierte Unternehmen zu positionieren. Im Rahmen der Initiative Choose Europe zielt die Strategie darauf ab, ein einheitliches, wachstumsfreundliches Umfeld für Startups zu schaffen und damit auch die wirtschaftliche Unabhängigkeit der EU zu stärken.

Bürokratieabbau und Harmonisierung im Fokus

Kernstück der Strategie ist der Aufbau eines einheitlichen Regelwerks. Mit einem sogenannten „28. Rechtsrahmen“ für Insolvenz-, Steuer- und Arbeitsrecht sowie der Einführung digitaler Schnittstellen wie der European Business Wallet will die Kommission grenzüberschreitende Geschäftstätigkeit vereinfachen.

Damit reagiert Brüssel auf eine der häufigsten Klagen von Gründer:innen: die zersplitterte Rechts- und Bürokratielandschaft innerhalb des Binnenmarkts.

Greentech Europe Bruxelles Foto Francois Genon Unsplash
Greentech Europe: EU Hauptstadt Bruxelles Warum Startups für Europa so wichtig sind. Foto: Francois Genon, Unsplash

Warum Startups für Europa so wichtig sind

Startups und Scaleups gelten als Innovationsmotoren, die nicht nur neue Technologien entwickeln, sondern auch hochwertige Arbeitsplätze schaffen. Zudem leisten sie einen Beitrag zur strategischen Souveränität Europas – eine Priorität, die sich angesichts geopolitischer Spannungen weiter verschärft hat.

Dennoch scheitern viele europäische Jungunternehmen daran, von der Idee zur Marktreife zu gelangen. Spätestens beim Skalieren über Landesgrenzen hinweg geraten sie ins Stocken. Hier will die EU-Strategie ansetzen und den gesamten Lebenszyklus von Startups gezielt fördern.

Die fünf Säulen der neuen Strategie

Die Kommission nennt fünf zentrale Handlungsfelder:

  1. Harmonisierung von rechtlichen Rahmenbedingungen
    Einheitlicher Insolvenz-, Steuer- und Arbeitsrechtsrahmen zur Förderung grenzüberschreitender Aktivitäten.

  2. Digitale Infrastruktur
    Einführung der European Business Wallet, um Verwaltungsprozesse zu vereinfachen.

  3. Zugang zu Kapital
    Maßnahmen zur besseren Mobilisierung von privatem und öffentlichem Risikokapital.

  4. Talente und Fachkräftesicherung
    Erleichterung von Visa- und Arbeitsgenehmigungen für Tech-Talente aus Drittstaaten.

  5. Netzwerke und Ökosysteme
    Förderung von Startup-Ökosystemen und Clusterbildung innerhalb Europas.

Kritische Einordnung: Fortschritt oder Flickenteppich?

So ambitioniert die Strategie klingt – es bleibt abzuwarten, ob die Umsetzung tatsächlich spürbare Veränderungen bringt. Frühere Initiativen wie der Digital Single Market oder der European Innovation Council haben zwar punktuell Fortschritte erzielt, konnten die strukturellen Barrieren jedoch nur begrenzt abbauen.

Gerade bei der Harmonisierung nationaler Rechtsrahmen drohen langwierige politische Aushandlungsprozesse. Zudem steht zu befürchten, dass bürokratische Initiativen auf EU-Ebene nicht automatisch in der Praxis der Mitgliedstaaten ankommen.

Chancen für Greentech-Startups und Climatech-Gründungen

Für Greentech und Climatech-Startups birgt die neue Strategie jedoch erhebliche Chancen – wenn sie richtig genutzt wird:

  • Erleichterter Marktzugang: Gerade im Bereich erneuerbare Energien, Kreislaufwirtschaft und nachhaltige Mobilität sind viele Lösungen auf grenzüberschreitende Skalierung angewiesen. Harmonisierte Regeln könnten hier den entscheidenden Unterschied machen.

  • Kapitalmobilisierung: Die Strategie betont den besseren Zugang zu Risikokapital – ein Engpass, unter dem europäische Climatech-Startups bislang besonders leiden. In den USA und China fließen deutlich größere Summen in grüne Innovationen.

  • Netzwerke und Clusterbildung: Green-Tech-Ökosysteme profitieren stark von europaweiten Vernetzungen. Eine Stärkung europäischer Cluster (z.B. rund um Offshore-Wind, Wasserstoff oder nachhaltige Baustoffe) könnte den Weg zur Serienfertigung erleichtern.

  • Talentegewinnung: Gerade in Sektoren wie Clean Energy Software oder Carbon Accounting besteht ein akuter Mangel an hochspezialisierten Fachkräften. Wenn die angekündigten Maßnahmen im Bereich Talente zügig umgesetzt werden, wäre dies ein echter Standortvorteil.

Fazit

Die Startup and Scaleup Strategy der EU setzt wichtige Impulse. Gerade für Greentech- und Climatech-Startups könnte sie langfristig die Spielregeln verbessern. Entscheidend wird jedoch sein, ob die Mitgliedstaaten bereit sind, bei der Rechtsangleichung und beim Bürokratieabbau wirklich Tempo zu machen. Sonst droht die Strategie, ein weiteres wohlklingendes, aber folgenloses EU-Papier zu bleiben.